Lernen fürs Leben: Am Stammsitz in Nürtingen hat HELLER den ganzen Kosmos seiner Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung in der langjährig bestehenden gewerblichen Ausbildung zusammengeführt. Mit seinem integrierten Ausbildungskonzept „Lehr- und Lernfabrik“ positioniert sich das Familienunternehmen als ein Innovationsführer – nicht nur in der Schlüsselbranche Maschinenbau.
Text Marcus Schick FOTOS Sebastian Grenzing
Wer das lichtdurchflutete Foyer am Haupteingang von HELLER in Nürtingen betritt, ist eingeladen, gleich zur Sache zu kommen. Rechts geht es in das TechnologieCenter, eine Art Showroom, wo aktuelle CNC-Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung des Traditionsunternehmens ausgestellt sind: darunter 4- und 5-Achs-Bearbeitungszentren, Fräs-Dreh-Bearbeitungszentren, Sonder- und Prozessmaschinen, Beschichtungsmodule oder Maschinen für die Kurbel- und Nockenwellenbearbeitung.
Linkerhand führt der Weg direkt zur Basis all solcher Hightech. „Willkommen in der Ausbildung bei HELLER“ steht auf dem Plakat am Eingang. Darauf abgebildet sind junge, strahlende Menschen in ihrer blauen HELLER Montur mit ihren Ausbildern. Ihre Einladung in das Ausbildungszentrum des Maschinenbauers anzunehmen lohnt sich. Die Ausbildung bei HELLER ist einzigartig und lockt jedes Jahr Interessenten aus der ganzen Welt an, um sich über das preisgekrönte ganzheitliche Ausbildungskonzept zu informieren.
Am Eingang wartet Martin Schmeckenbecher. Ein freundlicher, zugewandter Schwabe mit wachen Augen und einem gepflegten graumelierten Kinnbart. Der 49-Jährige leitet seit Januar dieses Jahres die Ausbildung bei HELLER in Nürtingen. Dass er in Corona-Zeiten seinen Besuchern nicht die Hand geben kann, fällt ihm sichtlich schwer. „Ich mag Menschen“, sagt er und hebt entschuldigend die Hände. Es ist nicht zu übersehen: Der gelernte Stahlbauschlosser lebt seine Begeisterung für Ausbildung und lebenslanges Lernen. Er selbst hat sich über diverse berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen zum Technischen Betriebswirt weitergebildet, immer mit dem Ziel, in der Ausbildung zu arbeiten. „Ich mag es, nah bei den jungen Mitarbeitern zu sein und sie für ihre Berufe zu begeistern.“
Die Voraussetzungen dafür sind am Stammsitz von HELLER besonders günstig. Die einstige eigene Lehrwerkstatt ist im Laufe der Zeit kontinuierlich größer geworden, sodass inzwischen jedes Jahr zwischen 30 und 40 junge Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium hier beginnen.
Ausbildungsgänge mit Perspektive
Das Ausbildungsspektrum ist breit: Es reicht vom Industriemechaniker und Zerspanungsmechaniker über den Mechatroniker und Elektroniker für Automatisierungstechnik bis hin zum Technischen Produktdesigner der Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion. Hinzu kommen verschiedene duale Studiengänge mit den Schwerpunkten Mechatronik und Maschinenbau.
„Experten wachsen nicht auf Bäumen und fallen nicht vom Himmel, sondern müssen stetig qualifiziert werden. Wirtschaftlichkeit und Erfolg der Maschine werden von den Fachkräften bestimmt“, bringt Martin Schmeckenbecher die HELLER Ausbildungsphilosophie auf den Punkt. Den Weg dorthin bereitet unter anderem der ProfiTrainer (PT), eine Miniaturausgabe eines großen CNC-Bearbeitungszentrums, die von den Azubis im Laufe ihrer Ausbildung komplett gefertigt wird.
„Die Stationen des PT 16 bilden die gesamte Prozesskette des modernen Werkzeugmaschinenbaus ab. Von der Grundlagenausbildung über das Produktdesign, die Mechatronik und Zerspanung bis hin zur Elektronik, Logistik und Montage – das alles fließt zusammen im ProfiTrainer“, erklärt Schmeckenbecher. „So lernen unsere Azubis von Anfang an, das große Ganze im Auge zu behalten und mitzudenken.“
„Selbst die Oma versteht, dass
die Enkel bei HELLER in der Ausbildung gut aufgehoben sind und einer
guten Zukunft entgegengehen.“
Frauen auf dem Vormarsch
Eine der Auszubildenden ist Despina Lang. Die 24-Jährige ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Technischen Produktdesignerin in der Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion. „Ich hatte nach der Schule erst Bauingenieurwesen studiert, habe aber schnell gemerkt, dass ich mehr an den Maschinen interessiert war“, berichtet sie. „Das 3D-Konstruieren von großen, faszinierenden Maschinen und ihren Bauteilen macht mir großen Spaß – vor allem, weil hier immer auch viel Zukunft im Spiel ist, zum Beispiel bei der Integration von Virtual und Augmented Reality in den Entwicklungsprozess.“
Sich als Frau in einer noch immer sehr männerdominierten Arbeitsumgebung zu behaupten, fällt Despina Lang nicht schwer. Sie stammt schließlich aus einer Handwerkerfamilie: der Opa Schreiner, der Vater gelernter Elektriker, die Mutter Schneiderin. Zudem ist sie seit vielen Jahren als Truppführerin in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv und es gewöhnt, „mit schwerem Gerät und gestandenen Kerlen zusammenzuarbeiten“.
Ein Lernfeld fürs richtige Leben
Für technische Innovationen weiß sich auch Philipp Scheuerle zu begeistern. Er ist 18 und im dritten Lehrjahr als Zerspanungsmechaniker. Ein anspruchsvolles Ausbildungsprofil. Diese Fachkräfte bedienen neben den computergesteuerten Drehmaschinen auch Fräs- und Schleifsysteme, um Präzisionsbauteile zu fertigen. Sie haben den gesamten Fertigungsprozess, die Auswahl des Bearbeitungsverfahrens sowie die Einrichtung der CNC-gesteuerten Maschinen im Griff.
„Ich hatte mir zuvor viele verschiedene Berufe angeschaut. Fräsen und Drehen haben mir am meisten Spaß gemacht“, sagt er. „Und das kann man hier hervorragend lernen. Auch weil in der HELLER Ausbildung das ganze Arbeits- und Aufgabenspektrum von HELLER wie unter einem Brennglas zusammengefasst ist.“ Für die Bauteile des PT 16 nutzt er mit dem 4-Achs-Bearbeitungszentrum H 2000 eines der modernsten Bearbeitungszentren für Zerspanung bei HELLER. „Das ist ganz große Technik“, sagt er anerkennend. Dass man dabei auch einmal Fehler machen dürfe, findet er wichtig und richtig. „Dann traut man sich auch leichter an Neues ran.“
Scheuerle erlebt seinen Beruf im Umbruch. Die Digitalisierung des Fräs- und Drehprozesses schreitet immer weiter voran. Zum Handwerk ist längst auch ein großer Teil Datenverarbeitung, Maschinenprogrammierung und Virtualisierung hinzugekommen. „Das macht mir viel Spaß und weist in die Zukunft“, sagt Scheuerle.
Von der Fischer-Technik zum ProfiTrainer
Gleich neben der Zerspanungs-Unit haben die Elektroniker ihren Lernbereich. Es riecht nach Lötzinn, überall sind Kabel und Steckverbinder in greifbarer Nähe. Axel Schäffer absolviert bei HELLER eine Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik. Der 19-Jährige ist im dritten Lehrjahr und bewegt sich innerhalb der Lehr- und Lernfabrik mit einer Selbstverständlichkeit, als sei er schon ein „alter Hase“ der Elektrotechnik.
Er hat sichtlich Spaß an seinen Aufgaben. „Mein Vater ist auch Elektroniker bei HELLER. Als ich noch ein kleiner Junge war, hat er mir zu Weihnachten mit einem Fischertechnik-Bausatz mit Programmierset eine große Freude gemacht“, erinnert sich der Azubi. Damit sei seine Ausbildungsentscheidung auch schon vorgezeichnet gewesen.
„Mit Maschinen zu arbeiten und die Elektronik für deren komplexe Steuerung zu betreuen, ist super abwechslungsreich“, sagt er. Nach dem zweiten Lehrjahr hat er bereits auf einer sogenannten Versetzungsstelle erste praktische Erfahrungen mit dem „realen“ Arbeitsalltag in der Automatisierungstechnik sammeln können. Dennoch weiß er nach wie vor die HELLER Ausbildung als geschützten Lernraum besonders zu schätzen: „Ich lerne am meisten, wenn beim Aufbau des PT 16 irgendwo Problemstellungen auftreten und wir diese mithilfe des Meisters und des Ausbildungsleiters lösen. Wenn’s dann wieder funktioniert, ist es ein richtig gutes Gefühl.“
Axel ist ein Teamplayer, deshalb gefällt es ihm besonders gut, dass beim ProfiTrainer auf kleinstem Raum alle Gewerke Hand in Hand arbeiten. „Wir hocken ganz oft zusammen und überlegen, was wir besser machen könnten.“ Auf diese Weise wisse man, was die anderen können und dass man sich aufeinander verlassen kann.
Für Ausbildungsleiter Martin Schmeckenbecher geht damit das heutige Ausbildungskonzept der Lehr- und Lernfabrik unter Einbindung des ProfiTrainers auf. „Der ProfiTrainer hilft uns, den Auszubildenden deutlich zu machen, wie einzelne Prozessschritte und Qualifikationen ineinandergreifen und was dies für die jeweiligen Berufsbilder bedeutet.“ Weil hier alle Zusammenhänge der Wertschöpfungskette sowie sämtliche Fertigungsstufen deutlich erkennbar und besprechbar würden, kann die Ausbildung immer auch den Sinn und Zweck des Unternehmens umfassend erlebbar machen. „Und zwar so, dass jeder versteht, was wir tun: die Bewerber, die Eltern, die IHK und unsere Kunden“, sagt Schmeckenbecher. Und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Selbst die Oma versteht, dass die Enkel bei HELLER in der Ausbildung gut aufgehoben sind und einer guten Zukunft entgegengehen.“
„Potenzial ohne Ende“
Eine eigene „Lehr- und Lernfabrik“ für Auszubildende unterschiedlicher Fachrichtungen: Am Stammsitz in Nürtingen setzt HELLER ein wegweisendes Ausbildungskonzept um. Warum dieser Aufwand? Nachgefragt bei Martin Schmeckenbecher, Leiter Ausbildung bei HELLER.
Herr Schmeckenbecher, welchen Stellenwert hat die Ausbildung bei HELLER?
Ausbildung ist der Anfang für alles. Sie hat also einen enorm hohen Stellenwert – für das Unternehmen, aber auch für die Gesellschaft und unser gesamtes Bildungssystem. Lernen und Entwicklung gehören immer zusammen. Selbst die Top-Entscheider haben irgendwann einmal als Lernende ihren Lebens- und Berufsweg begonnen. Ausbildung ist deswegen immer eine Investition in die Zukunft.
Was erwarten Sie dabei von den Auszubildenden?
Ich sehe unsere Azubis als noch ungeschliffene Diamanten. Unser Ausbilderteam erwartet von ihnen vor allem Neugier und die Bereitschaft, sich auf die Herausforderungen der Zeit einzulassen. Dabei ist jeder Jahrgang anders. Vor zehn Jahren fragten junge Menschen uns noch: „Was soll ich machen und wie soll ich es machen?“ Heute heißt es aber immer öfter: „Warum mache ich etwas und wie sehen weitere Berufswege für mich aus?“
Wie kommt dieser Perspektivwandel zustande?
Wirtschaft und Gesellschaft sind dynamische Systeme, die sich immer wieder ändern und auf neue Rahmenbedingungen einstellen. Etwa die Digitalisierung oder die zunehmende Vernetzung aller Lebens- und Arbeitsbereiche. Hier müssen wir als Ausbildungsbetrieb danach fragen, was die Auszubildenden aus der Schule und ihren gesellschaftlichen Umfeldern mitbringen. Umgekehrt müssen wir den Auszubildenden und ihren Eltern sagen, warum bestimmte Berufswege in diesen transformativen Zeiten sinnvoll und richtig sind.
Wo sehen Sie dabei Ihre Rolle als Ausbildungsleiter?
Ein wesentlicher Teil meiner Aufgabe besteht darin, aufzuklären und zu vermitteln: zwischen den jungen Leuten, der Schule, den Elternhäusern, der IHK mit ihren Prüfungsanforderungen und uns als Ausbilder. Und zwischendurch muss man auch mal die „alten Hasen“ im Unternehmen daran erinnern, dass sie selbst auch einmal Auszubildende waren, die damals etwas lernen, aber auch selbst etwas bewegen und verändern wollten. Wie in allen Bereichen des Lebens kommt es darauf an, einander zuzuhören.
Welche Vorteile bringt das Konzept der Lehr- und Lernfabrik?
Wir verbinden hier in der Ausbildung traditionelles Handwerk und Mechanik mit unterschiedlichsten Aspekten der Industrie 4.0. Das händische Feilen, Drehen und Bohren gehört genauso dazu wie digitalisierte Fertigungsverfahren, 3D-Druck, VR- und App-Einsatz sowie vernetzte Aktorik und Sensorik. Die Lehr- und Lernfabrik ist damit ein sehr gutes Instrument für eine moderne, zeitgemäße Ausbildung. So halten wir Schritt mit der Zukunft.
Und was ist mit Corona? Könnte man da nicht auch in der Ausbildung etwas langsamer treten?
Wann und wie die Wirtschaft aus der Krise herauskommt, lässt sich schwer vorhersagen. Wenn es aber heißt, in schlechten Zeiten für gute Zeiten zu investieren, ist eine gute Ausbildung sicherlich ein wichtiger Wegweiser in die Zukunft. In Corona-Zeiten haben wir uns auf die Hygiene- und Abstandsregeln eingestellt, bei der Qualität der Ausbildung aber bewusst keinerlei Abstriche gemacht.
Wohin steuert die Ausbildung bei HELLER?
„Beim Heller g‘lernt“ ist ein Markenzeichen, das weit über die Region hinausstrahlt und Potenzial ohne Ende hat. Und dass sich unsere Ausbildung mit dem ProfiTrainer um ein Hightech-Produkt dreht, in dem sich die ganze Qualität des Unternehmens widerspiegelt, ist ein Alleinstellungsmerkmal beim Suchen, Finden und Binden der fähigsten Köpfe für das Unternehmen.